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Dommuseum Fulda

Sonderaustellung "Vasa sacra"

im Dommuseum Fulda, August 2006  
Öffnungszeiten:
Dienstag - Samstag: 10.00 bis 17.30 Uhr
Sonn- und Feiertag: 12.30 bis 17.30 Uhr
Montags geschlossen

Sonderausstellung "Vasa sacra": Zur Bildergalerie (Bitte hier anklicken)
Fulda. "Vasa sacra - zehn Silberschmiede, zehn Kelche" ist der Titel einer Ausstellungsserie, die bis 19. August im Dommuseum Fulda zu sehen ist. Zu sehen sind Abschlußarbeiten von Absolventen der Silberschmiedeklasse an der Staatlichen Zeichenakademie Hanau.
Die Zeichenakademie ist eine seit 1772 in Hanau ansässige Institution zur Ausbildung von Goldschmieden, Silberschmieden, Schmucksteinfassern, Graveuren und Metallbildnern, die im Übergang vom Rokoko zum Klassizismus als Akademie gegründet wurde, um die Entwurfsqualität der in Hanau ortsansässigen Gold- und Silberschmiede zu verbessern. Heute ist die Zeichenakademie eine der weltweit führenden Ausbildungsstellen für Edelmetallgestaltung und wird von Interessenten aus der ganzen Welt besucht. Sakrale Gegenstände stellen für den Bereich der Silberschmiede einen Schwerpunkt in ihrer Tätigkeit dar. Seit etwa sechs Jahren beschäftigen sich angehende Silberschmiede in der Entwurfklasse von Gerhard Wulke mit dem Thema "Liturgisches Gerät". Grundsätzlich gehört zur hochwertigen Gestaltung der Objekte zunächst einmal eine Analyse hinsichtlich des zu erwartenden Gebrauchs, des Umfeldes, der Wünsche des Auftraggebers - bei sakralen Geräten etwa auch die besondern Wünsche der Gemeinde - , der zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten, der materialimmanenten Eigenschaften für die Herstellung, der möglichen Oberflächenwirkungen und natürlich die Berücksichtigung eventuell festgelegter Gestaltungsvorschriften. Die Realisation dieser Entwürfe wurde schließlich in der Silbeschmiedeklasse umgesetzt.

Bei der Gestaltung dieser Kelche stand nicht die philosophische Diskussion der Transsubstantiationslehre im Vordergrund - man mag daher guten Gewissens den Silberschmieden auch einen eher unbefangenen Umgang mit theologischen Fragen unterstellen. Deswegen gehört aber zur Ausbildung an der Zeichenakademie in Hanau grundsätzlich auch ein möglichst 7-semestriges kunst- und kulturgeschichtliches Lehrangebot, weil so die in der Vergangenheit bereits gestellten künstlerisch-technischen und inhaltlichen Fragestellungen zu neuen Wegen führen können und um eben gerade die unbewusste Beeinflussung historischer Parameter zu minimieren. Themen, Darstellungsweise und Umfang der bildlichen Darstellungen auf sakralem Gerät haben sich entsprechend der jeweiligen Zeitauffassungen gewandelt. Analog dazu ist heute auch die Vorstellung präsent, sich der Thematik nicht nur ikonographisch sondern besonders formalästhetisch zu nähern.

In der katholischen und evangelischen Kirche gibt es zwar Vorschriften zur inhaltlichen Gestaltung von sakralem Gerät, jedoch wirken sich diese nicht sehr auf das formalästhetische Erscheinungsbild aus. Es herrscht verbreitet die Auffassung, der Kelch müsse zumindest innen vergoldet sein. Tatsächlich ist dies weder in der evangelischen noch in der katholischen Kirche definitiv vorgeschrieben, wenn auch der Symbolcharakter des unzerstörbaren Goldes als einzig angemessener Stoff dies implizieren mag. Grundlage der Materialauswahl war immer der Wunsch, dem Anlaß würdiges und angemessenes Material zu verwenden, das nicht porös ist oder unbrauchbar werden kann und das unzerbrechlich sein soll.

Die Form ist nur die äußere Seite des Kunstwerks: Material, Aufbau, Struktur, Proportionen oder Oberfläche stehen in innerem Zusammenhang, wodurch der Inhalt zum Ausdruck gebracht werden soll. Die akademische Vorgehensweise bei der Formfindung unterliegt daher in der Zeichenakademie durchaus philosophischen Gedanken, wenn auch dieser geisteswissenschaftliche Ansatz nicht zu hoch bewertet werden sollte, denn immerhin handelt es sich zunächst einmal um gestaltendes Handwerk. Trotzdem spielt der philosophische Begriff der ästhetischen Aneignung eine zentrale Rolle, indem alle notwendigen Aktivitäten entwickelt werden, für die Gestaltung eines Objektes - hier einen Kelch - das inhaltlich Notwendige mit dem technisch Erforderlichen zu verbinden und nach den Gesetzen der Ästhetik zu bewerten. Dieser Ästhetik soll auch die Gemeinde teilhaftig werden und deshalb ist die Zeichenhaftigkeit der Kelche auch als Programm zu verstehen.

Ziel ist hier nun nicht die Neuerfindung des Themas Kelch gewesen, sondern eben die gedankliche Auseinandersetzung mit dem traditionellen Sujet in Verbindung mit zeitgenössischer Formensprache, um auf diese Weise ein der eucharistischen Feier angemessenes sakrales Gerät zu gestalten. Mit der wieder einsetzenden Blüte der Silberschmiedekunst werden neue liturgische Geräte mit einer eigenständigen Formensprache entwickelt.

Dr. Bruno Thiele, Gerhard Wulke

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